Ein Graphiker aus Leipzig, Volker Pfüller, sagte, als er für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde: „Man muss mit sich selbst befreundet sein, dann weiß man, wer man ist, was man machen kann, was man machen muss.“
(aus:SZ digital, 22.10.2019)
Mit sich selbst befreundet sein. Das klingt für mich wunderbar und freundlich. Vielleicht klingt es auch nach innerer Ruhe, nach einverstanden sein mit sich, auch mit den ungeliebten Seiten, den Ecken und Kanten.
Freundschaft ist etwas Kostbares. Freunde sind die Menschen, die uns helfen, uns weiterbringen und wenn es sein muss, auch beschützen. Mit denen wir Spaß haben, wo wir uns im besten Falle trauen, so zu sein, wie wir sind und Masken fallen lassen können. Mit denen wir den Austausch gern pflegen.
Mit sich selbst befreundet sein. Das könnte auch bedeuten, mit sich selbst wie mit einem Freund zu sprechen. Aufmerksam, wohlwollend, Mut machend zum Beispiel.
Bekommen Sie mit, wie Sie mit sich sprechen ? Machen sie doch einmal das Experiment und achten Sie darauf, wie Sie innerlich mit sich sprechen.
Möglicherweise erinnert Sie das an jemanden. „Immer wenn ich finde, ich habe etwas nicht gut gemacht, spreche ich sehr streng mit mir, so wie mein Vater mit mir gesprochen hat“ hat mal jemand zu mir gesagt. Wir können die Stimmen, die uns prägten, in dem wie wir mit uns selbst sprechen, wiederfinden. Wenn das wenig freundliche Stimmen waren, macht es meist Mühe, sich selbst gegenüber einen freundlichen, freundschaftlichen Ton zu finden. Aber es lohnt sich, weil es hilft, das Gefühl zu sich selbst, freundlicher und entspannter werden zu lassen.
Mit mir selbst befreundet sein ist das Gegenteil von Selbstoptimierung. Ich brauche nicht immer noch besser zu sein, in welcher Disziplin auch immer. Ich brauche einfach nur zu sein und kann das tun, was ich gern tun möchte. Deshalb mag ich den Satz so, mit sich selbst befreundet sein, weil er das Mißverständnis, es ginge nur um mein einziges großes Ich, aufklärt. Wenn ich freundschaftlich mit mir umgehe, kann ich auch freundschaftlich mit anderen umgehen. Ich weiß um den Wert, um meinen und den des anderen. Es bedeutet eben nicht, sich selbst in das einsame Vakuum des Mittelpunktes zu stellen, sondern nur wenn ich freundschaftlich mit mir verbunden bin, bin ich auch in der Lage von mir abzusehen, und Freundschaft mit anderen zu haben und zu leben.
Es geht beides, mit mir und mit anderen befreundet sein. Der Philosoph Martin Buber formuliert es so: „Bei sich beginnen, aber nicht bei sich enden, bei sich anfangen, aber sich nicht selbst zum Ziel haben.“
Das Leben fängt immer mit uns selbst an. Es hört aber dort nicht auf. Es ist der andere Mensch, das Du, wie Martin Buber es nennt, das unabdingbar dazugehört.Wenn Sie noch nicht mit sich befreundet sind, trauen Sie sich, Freundschaft mit sich selbst zu schließen. Wie alle guten Freundschaften kann es ein bereicherndes Abenteuer sein, sich darauf einzulassen.